Woher weißt Du das?

Niemand hat je alles erlebt und kann beim Schreiben allein aus den eigenen Erfahrungen schöpfen. An der ein oder anderen Stelle muss jeder Schreiberling und jede Wortspielerin nachlesen, nachfragen … eben recherchieren.

Die Ideen für unsere Geschichten stammen meist aus unserem Denken und Suchen und Fragen. Doch sobald es zur Geschichte wird, braucht es mehr: Ein Setting. Die Lebensgeschichten der Charaktere. Die Umstände, die die Ereignisse der Geschichte erst möglich machen. Und so viel mehr.

Während die Recherchequellen noch vor wenig mehr als zwanzig Jahren fast ausschließlich Bücher (und je nach Genre auch Fernseher) waren, haben wir es heute durch das Internet leichter – oder auch schwerer, je nachdem. Wir bekommen mit relativ wenig Aufwand in relativ kurzer Zeit relativ viel Information. Aber eben alles relativ. Es ist so verlockend, wertvolle (Schreib-)Zeit auf der Suche nach Mini-Details zu verbringen. Einfach nur, weil es eben geht. Und es ist so spannend, was man unterwegs im Netz so entdeckt …

Darum versuche ich, meine Haupt-Recherchen vor dem eigentlichen Schreiben abzuschließen. Die ganz großen Fragen ploppen auf, während ich die Story entwerfe und mir überlege, was wann wie passieren muss und warum es nur so kommen kann. In der Phase verbringe ich viel Zeit mit dem Notizbuch an PC oder Handy. Mein Kopf ist dann auch gern ziemlich weit weg vom normalen Leben. Wenn der Entwurf grob steht und ich einmal mit dem Schreiben angefangen habe, bleiben meine (vorwiegend nur) morgendlichen Schreibzeiten weitestgehend recherchefrei. Unklares wird irgendwie notiert und markiert. Im meinem ganz normalen bunten Alltag findet sich meist irgendwo ein Moment, wo ich dem Internet (oder einem Spezialisten) meine Frage stellen kann. Und bis zum nächsten Morgen entwickelt mein Kopf Ideen, wie und wo ich die neue Information einbauen kann. Klappt ganz gut. Und hilft vor allem auch, in kurzer Zeit viel zu schreiben und sich an Kleinigkeiten nicht zu sehr aufzuhalten.

Mein aktuelles Schreibprojekt entstand, weil in meinem unmittelbaren Umfeld innerhalb kürzester Zeit mehrere krasse gleichgestrickte Fälle eines hässlichen gesellschaftlichen Phänomens bekannt wurden. Mich hat das innerlich zerrissen, mein Bild von Mensch und Welt komplett auf den Kopf gestellt und mein Denken und meine Wertvorstellungen hart herausgefordert. Daraus entwickelten sich Was-wäre-Wenn-Gedanken und plötzlich gab es diese Geschichte …

Entsprechend harte Themen prägten meinen Rechercheprozess: Suizid, Burn-Out, Depressionen, Mobbing, Vergangenheitsbewältigung, … Natürlich fließen nicht alle Themen gleich intensiv ein. Aber hier war eben so ein Moment, wo das Internet gewaltig viele Informationen bietet. Einerseits gab es für meine Geschichte Material, anderseits war manches mir persönlich Hilfe zum Verstehen und Verarbeiten, aber es gab auch genügend überflüssige Zeitfresser.

Dann führte mich meine Recherche für einen Teil des Settings an spannende Orte. Wohin genau verrate ich noch nicht. Nur soviel: Es bleibt in Europa. Und ist doch so anders. Ich brauchte eine extrem abgelegene Region, die noch genügend nahe an unserer Kultur und doch in vielerlei Hinsicht weit genug weg ist. Geplant war eigentlich Nord-Norwegen. Das hatte aber dann aus verschiedenen Gründen nicht gepasst.

Aus allem bisherigen Planen und Forschen entwickelten sich weitere Fragen zu Naturerscheinungen, mythologischen Deutungen, Frömmigkeit, Spiritualität, verschiedene Familien-Modelle und Lebenspläne, …

Super spannend.

Und jetzt bin ich schon so viele tausend Worte mitten in der Geschichte. Ich finde es mächtig herausfordernd, meine Hauptperson durch diese Hölle zu schicken und alles so gewissermaßen selbst zu erleben. Darum gebe ich ihr jemanden an die Seite: Diese schreckliche Person, die so anders ist. Die sie herausfordert, manches anders zu sehen. Mit deren Hilfe sie so zur Überwinderin wird.

Ich vermute, die Überarbeitung wird nochmal einige Recherchearbeit einfordern, damit am Ende auch alles stimmig ist. Bin gespannt. Doch bis dahin fehlen mir noch ungefähr zwanzigtausend Wörter … und sicher die eine oder andere Antwort auf weitere “kleine” Fragen 😎

Euch allen frohes Fragen, Forschen, und Schreiben.

Liebe Grüße,
Nel

2 Kommentare zu „Woher weißt Du das?

  1. Hey,
    Recherche finde ich auch immer spannend. 🙂 Da ich Historical Fiction/Fantasy schreibe, muss ich immer recht viel recherchieren. Bin da aber schon auf ganz spannende Fakten gestoßen über unsere Vergangenheit. Das mag ich auch daran Historical zu schreiben, ich lerne auch sehr viel dazu über manche Epochen.
    Liebe Grüße, Aurora

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