Umbrüche

Genau genommen besteht alles daraus. Ende und Neuanfang. Es gibt nichts und niemanden, der ohne auskommt. Altes vergeht, Neues beginnt. Alles Wachsen und entwickeln ist sogar abhängig davon. Da ist es schon irgendwie verrückt, dass wir uns oft so sehr dagegen sträuben.

Aber auch ein Stück weit verständlich. Hatten wir uns doch gerade so gut eingerichtet mit einer Situation, uns selbst mit den damit verbundenen herausfordernden Umständen arrangiert. Und plötzlich muss alles über den Haufen geworfen werden. Oder es passiert einfach. Und da stehen wir wieder. Ganz am Anfang einer neuen Geschichte. Müssen uns neu orientieren, neu einfinden. Bis zum nächsten Umbruch.

Eigentlich mag ich das Wort “Umbruch” hier gar nicht. Es klingt so gewaltig, wird es doch oft genug für besonders heftige Veränderungen gebraucht. Doch ein anderes für meine Gedanken zutreffendes Wort will sich gerade nicht finden lassen.

Das, was ich meine, sind ja nicht nur die Ereignisse, die Du jetzt vielleicht vor Augen hast – so Dinge wie politische Umwälzungen, globale Krisen oder Naturkatastrophen. Oder Sachen wie Arbeitsplatzverlust, Tod von Angehörigen oder der Zerbruch einer jahrelangen Freundschaft. Sicher, das gehört auch dazu. Aber denk mal etwas kleiner. Und vor allem nicht nur so negativ:

Ferienbeginn – das Ende der Schulzeit, Beginn von mehr Freizeit.
Jahreszeitenwechsel – Mit dem veränderten Wetter kommen auch veränderte Chancen und Herausforderungen.
Ein Sprung auf der Karriereleiter – muss ich nicht erklären, oder?
Die Genesung von einer Krankheit …

Oder denk an die großen Umbrüche am Anfang des Erwachsenenlebens: Schulabschluss. Studienabschluss. Führerschein. Ein neuer Job. Wohnortwechsel. Eine neue Beziehung. Vielleicht Ehe. Eventuell irgendwann die Vorfreude auf ein gemeinsames Kind.

Da das Letzte in meiner weiteren Verwandtschaft gerade der Fall ist: Ich freue mich so riesig mit für Euch werdende Eltern, Großeltern und Urgroßeltern. So ein schöner und hoffnungsvoller Umbruch. Das wird für alle ganz neu. Jede Menge zum Eingewöhnen. Sicher auch einiges Herausforderndes. Und viele Chancen, die Fülle und Schönheit des Lebens ganz neu zu erleben.

Altes wird abgeschlossen, Neues darf sich entwickeln. Da braucht es immer eine gewisse Offenheit. Schließlich wissen wir nicht genau, wie das Neue aussieht, das sich da entwickeln will. Zwar haben wir meist eine gewisse Ahnung, aber dann ist manches eben doch anders. Und dann müssen wir uns da hinein finden. Auf unsere eigene Weise lernen, mir der neuen Situation umzugehen. Manchmal müssen wir Idealvorstellungen über den Haufen werfen, weil sie einfach nicht funktionieren. Auch gut gemeinte Ratschläge stimmen nicht immer mit dem Bauchgefühl überein. Und dann finden wir unseren eigenen Weg. Verlieren dabei uns selbst nicht aus den Augen. Und auch nicht die, die wir lieben.

Da fällt mir gerade eine Geschichte ein, die man sich schon seit vielen Jahrhunderten erzählt. Ein besonders drastischer Umbruch. Eine Frau, die den Sohn einer aus dem Ausland zugewanderten Familie geheiratet hatte, wird plötzlich Witwe. Und nicht nur ihr Mann war verstorben, sondern auch dessen Bruder und Vater. Ein abruptes Ende für so vieles. Zurück bleiben außer dieser einen Frau – nennen wir sie Ruth – also zwei weitere nur indirekt mit ihr verwandte Witwen. Die Schwiegermutter beschließt, in ihr Heimatland zurückzukehren. Die Schwägerin kehrt zu ebenfalls ihrer eigenen Familie zurück. Doch Ruth selbst trifft eine andere folgenschwere Entscheidung. Ruth sagt in dieser kurzen Überlieferung nicht sonderlich viel: Aber die Art, wie sie der Schwiegermutter gegenüber ihre Entscheidung ausdrückt, hast vielleicht auch Du schon einmal gehört: “Wo du hingehst, da will auch ich hingehen. Wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.” Für mich spricht daraus einerseits eine bedingungslose Zuneigung zur Mutter ihres verstorbenen Ehemannes. Und andererseits lese ich darin ein riesiges Vertrauen, dass der gemeinsame Weg ein guter werden wird. Der alte Lebenstraum musste begraben werden. Aber die liebevolle Beziehung zur Schwiegermutter existierte noch. Und die wurde nun weiter gepflegt. Ruth wusste nicht, was genau kommen würde, wenn sie mit in das fremde Land ginge und sich um die Schwiegermutter kümmerte. Sie konnte nicht ahnen, dass sie so Teil einer noch viel größeren Geschichte werden durfte. Aber das musst du schon selber nachlesen. (Im Buch Ruth im Alten Testament)

Ich möchte nur sagen: Umbrüche kommen mitunter überraschend. Manchmal erfordern sie mutige Entscheidungen. Aber immer sind sie Chance und Herausforderung zugleich. Sind Auslöser für Wachstum und Veränderung. Aufforderung zu Neugier und Offenheit. Bestehen aus Hochs und Tiefs. Und sind nicht immer nur einfach zu meistern. Umbrüche sind Leben.

Ich weiß nicht, an welcher Stelle du gerade stehst. Doch ich wünsche dir Mut zur Offenheit für das, was irgendwo da draußen auf dich wartet. Ich wünsche dir Kraft und Geduld für die nächsten Schritte auf Deinem Weg. Und ich wünsche Dir, dass Dein Herz schon sehen kann, welche Chancen der aktuelle (oder der nächste) Umbruch für dich und Deine Lieben birgt.

Wir lesen uns,
Nel

P.S.: Manchmal ist es recht verwunderlich, was sich so aus einem Gedanken entwickelt. Eigentlich hatte ich nur darüber nachgedacht, dass ich ja demnächst diese meine Website zu einem anderen Domain-Anbieter umziehen und sie selbst hosten möchte. Das wäre auch ein Umbruch, weil ein Mehraufwand an Arbeit, aber auch die Chance, dann Dinge anzupacken, die jetzt so einfach noch nicht funktionieren. Aber dazu vielleicht ein anderes Mal mehr.

5 Kommentare zu „Umbrüche

  1. Ich seh schon, bei dir ist was los… Von Umbrüchen könntest du doch ein Buch schreiben oder??? So oft umgezogen und so vieles schon erlebt. Freunde gefunden, viele noch in Kontakt – und andere musstest du schweren Herzens loslassen… Nicht immer war alles voraussehbar, wohl besser so – sonst würdest du jetzt ein Loch graben und darin sitzen bleiben, bis irgendwann alles zu Ende geht – so sicherheitshalber, oder?….
    Liebe Nel, auch dir viel Kraft, immer wieder inspirierende Moment und die Zeit – alles eins nach dem Anderen anzugehen (träumen dürfen wir ja, nicht wahr… 😁) – Danke dass du immer wieder Zeit findest, für andere ein ermutigendes Wort zu haben – wenn sie gerade im Umbruch stecken, oder in der Sackgasse lungern…
    Bis bald mal wieder, Anna

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    1. … und so schön, wenn es gute Freunde gibt, die durch Umbrüche begleiten, sich über Schönes mit freuen und Schweres mittragen 🥰 Danke auch Dir

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