#Plotter oder nicht?

Jeder Schreiberling muss in dieser Hinsicht wohl früher oder später eine Antwort für sich finden.

Schließlich musst du ja wissen, wie du tickst. Wenn es nicht in deiner Natur liegt, macht es keinen Sinn, um jeden Preis vor dem Schreiben einen wasserdichten Plot hinzulegen. Dann ist das tatsächliche Schreiben für dich nämlich nur noch ein Krampf und es ist kein Wunder, wenn du vor dem ENDE aufgibst. Andersherum macht es auch keinen Sinn, wenn du einfach drauf los schreibst, obwohl du sonst für alles einen super detaillierten Fahrplan benötigst. Dann hast du dich verlaufen, noch bevor überhaupt der erste Pinchpoint deine Figuren durchschüttelt.

Was mich anbetrifft: Ich bin definitiv kein 100%iger Plotter. Kann ich nicht. Passt für mich einfach nicht. Aber so ganz ins Blaue rein schreiben geht auch nicht. Muss aber auch gar nicht, weil mein Kopf meist schon weit vor den ersten geschriebenen Worten einen groben Fahrplan entworfen hat. Je nachdem, wie umfangreich das Ganze wird, kommen irgendwann die ersten Notizen. Und dann dauert es auch nicht mehr lange, bis es auf’s Papier bzw. in den PC will. Bei meinem aktuellen WIP hilft es mir gewaltig, mir immer wieder verschiedene Romanstruktur-Modelle vor Augen zu halten und zu überprüfen, wo ich gerade bin und was als nächstes kommen muss. Auf diese Weise hangele ich mich an Plotpunkten und Twists entlang und entdecke dabei Details meiner Geschichte, die ich vorher noch gar nicht auf dem Schirm hatte. So habe ich gerade die ultimative Krise hinter mir und bin auf direktem Weg zum zweiten Plotpoint, also in der drei-Akte-Struktur am Ende des zweiten Aktes. Klingt das für dich jetzt vielleicht ein bisschen wie ‘dubbledutch’? In dem Fall empfehle ich gerne zwei meiner Lieblingsautoren in dieser Sache: Stephan Waldscheidt (dt.) und K.M. Weiland (engl.). Beide haben schon verschiedenes dazu veröffentlicht. Auch online findet man mittlerweile sehr viel zum Thema.

Natürlich landen so immer noch Dinge an der falschen Stelle. So hat meine Hauptfigur zum Beispiel kurz nach dem Mittelpunkt schon viel zu viele Informationen bekommen und hätte das große Rätsel viel zu früh und verhältnismäßig harmlos auflösen können. Das will ich logischerweise nicht. Aber wo mir das klar wird, kommen halt gleich ein paar Notizen unter die Passage. Dann wird die Szene in der Übersicht farbig markiert und an passender Stelle (Da bin ich fast 😉) wieder rein geholt. Bisher läuft das gut für mich.

Es gibt auch Stellen, die existieren im Moment nur als Stichpunkte. Ich brauchte einfach den Übergang zur nächsten Szene und hatte aber nur einen grobe Vorstellung, was da passieren könnte. Spätestens wenn ich ganz durch die Geschichte durch bin, weiß ich natürlich ganz genau, was da gewesen sein muss, damit das Ende so kommen kann, wie es soll. Aber bis dahin stören mich die Stichpunkte (wieder in der Übersicht bunt markiert) in der Rohfassung gar nicht. Die Überarbeitung wird noch so viel Umsortieren, Umschreiben, Ergänzen und Wegstreichen von mir fordern, da ist es mir wichtig, wenn die Geschichte erst einmal steht und ich ziemlich genau zugeordnet habe, was wann wo mit wem passiert.

Nach den ersten 30K hatte ich mich an eine grobe inhaltliche Überarbeitung gewagt. Seit den ersten Worten hatten sich doch einige Dinge konkretisiert oder eben auch verändert. Diese Anpassung hat mir wirklich Spaß gemacht und so freue ich mich schon auf die ‘große’ Überarbeitung. Zumindest, was das Inhaltliche angeht.

Warum hab ich das jetzt eigentlich alles aufgeschrieben? Es ist ja kein Ratgeber. Auch nicht besonders tiefgründig. Nur meine kleine Schreib-Erfahrung. Egoistisch gesehen helfe ich mir gerade selbst, meine eigenen Schreib-Prozesse zu verstehen. Aber ich wünsche mir auch, dass es ein kleiner Beitrag sein kann um zu zeigen, wie bunt und vielfältig Schreiben doch ist. Viel zu oft haben wir idealisierte Vorstellungen oder lassen uns von irgendwelchen (oft wirklich wohlmeinenden) Spezialisten einreden, es müsse so oder so gehen und anders wäre falsch. Mein Tipp für dich: Finde es selbst heraus! So einzigartig, wie du bist und denkst und handelst, so ist auch deine Art zu schreiben. In jeder Hinsicht.

Darum: Viel Spaß beim Entdecken und beim Ausprobieren.

Liebe Grüße,
Nel

7 Kommentare zu „#Plotter oder nicht?

  1. Hallo Nel,
    Das ist ein interessantes Thema. 🙂 Ich nehme mir vor immer alles durchzuplotten, nachdem ich meinen ersten Roman (einen SF Thriller) abbrechen musste, weil ich nicht mehr durchgesehen habe wer was weiß. 😀
    Liebe Grüße, Aurora

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    1. Das verstehe ich total. Ich vermute ja, in bestimmten Genres geht es auch gar nicht ohne ein Mindestmaß an fertig durchstrukturiertem Plot. Krimis und Thriller würde ich da unbedingt dazu zählen, schließlich mußt Du ja als Autor schon von Anfang an wissen, was der Leser nach und nach erfahren bzw. herausfinden soll. Und das Ganze als SF finde ich ja superkrass … ist ja in der Hinsicht dann noch herausfordernder. Ganz viel Freude und Erfolg Dir 👍😊

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      1. Haha, danke! ^-^ Die Story werd ich wohl nicht weiterschreiben, wurde einfach zu verworren, aber ich hab andere Ideen für SF Thriller/Horror. 😀 Ist irgendwie eines meiner liebsten Genres beim Schreiben.

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  2. Ich kann dir absolut zustimmen. Das kann man nur selbst herausfinden.
    Ich habe den Eindruck, falls ich mal wieder längere Texte schreiben will, muss ich plotten. Das hilft mir ungemein. Und ich finde es super spanned.
    Mein Problem ist: Sobald ich eine Geschichte für mich rund hab, verlässt mich meist der Wille es auch zu Ende zu tippen. Ist dann für mich abgeschlossen und fertig.
    Daher glaub ich inzwischen, dass ich nicht für Romane usw. geeignet bin.
    Das war für mich auch eine wichtige Erkenntnis. Daher bleib ich bei Kleinstgeschichten und Gedichten.

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    1. Das mit dem fertigen Plott und der folgenden Abtipp-Müdigkeit kenne ich eben auch. Hab mal gelesen, dass das Problem dazu in der Psychologie des Geschichten-Erzählens liegt: Der Kopf weigert sich, dieselbe Geschichte zweimal zu erzählen. Und wenn eben schon fix und fertig geplottet ist, kann im Kopf schon dieses Hab-ich-doch-schon-erzählt-muss-ich-nicht-nochmal-Empfinden entstehen. Und damit hab ich mir dann selbst ein Bein gestellt. Passiert ja auch gern, wenn man schon während des Schreibens anderen die Geschichte erklärt. Auch aus dem Grund bevorzuge ich die Mischform zwischen voll durchstrukturiert und komplettes Chaos … So weiß ich wo ich hin will, hab grob die Charaktere und Stationen vor Augen und hab trotzdem noch so viel Freiraum Neues zu entdecken. Ist vermutlich dann nur in der Überarbeitung mehr Aufwand … Alles Gute beim Schreiben … und vielleicht ja doch mal wieder Mut zu was Längerem 👍🤷‍♀️

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      1. Danke dir und dir auch alles Gute. 🙂

        Die psychologische Erklärung ist sehr interessant. Das würde passen.

        Ja vielleicht probier ich es irgendwann mal mit so einer Mischform. Mal schauen 😉

        Danke dir und dir auch alles Gute. 🙂

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